Unter
diesem Motto veranstaltete die Initiative Pro Spessart
(IPS) am 4. Oktober 2012 eine offene Bürgerdiskussion
im Bürgerhaus Biebergemünd-Kassel. Als Referent war
Christian Behrendt vom Fahrgastverband Pro Bahn
eingeladen. Seine Ausführungen zum Sachstand
‚Bahndreieck Frankfurt - Fulda - Würzburg‘ mit Fotos
und Grafiken stießen auf großes Interesse der
zahlreich erschienenen Bürger aus allen Städten und
Gemeinden des Kinzigtales und des Nordspessart.
Begrüßen konnte 1. Vorsitzender Rainer Schreiber auch
den Bundestagsabgeordneten Dr. Peter Tauber und den
Kreisbeigeordneten des Main-Kinzig-Kreises, Dr. André
Kavai, sowie zahlreiche Bürgermeister der Region. Nach
den Irritationen um die Nordspessart-Trasse (auch
Mottgersspange genannt) erwartete man Antworten über
die Pläne der Deutschen Bahn AG hinsichtlich
Streckenausbau, Varianten, Verbesserungen bei den
Bahnhöfen und Verkehrsentwicklung.
Christian
Behrendt stellte zunächst fest, dass ein notwendiger
Streckenausbau, sowohl beim Personen- als auch beim
Güterverkehr, im mittelhessischen Raum gem.
Bundesverkehrs-wegeplan (BVWP) aus dem Jahr 2003
bisher nicht stattgefunden hat. Bei Zukunftsplanungen
muss vermehrt der Energieverbrauch in Betracht gezogen
werden (Endlichkeit der Ölreserven). Bei Ausbauten im
Bahndreieck Spessart sind lt. Behrendt ab Wirtheim
theoretisch mehrere Varianten möglich: 4 im Kinzigtal
und die Mottgersspange. Dabei spielt auch das Ziel
eine Rolle, Verkehrsströme zu entmischen (ICE-, Güter-
und regionaler Personenverkehr). Aschaffenburg besteht
weiterhin auf der Beibehaltung des ICE-Haltes genau
wie Hanau, das eingebunden bleiben will. Bei
Streckenaus- und -neubauten werden heute aufgrund der
Wirtschaftlichkeit auch Kapazitäten für den
Güterverkehr eingeplant.
Anschließend
ging Chr. Behrendt näher auf den derzeitigen BVWP ein.
Der nächste steht für 2015 an (Bundestagswahlen 2013).
Bei der Strecke Frankfurt - Fulda wird ein Ausbau auf
4 Gleise angestrebt. Die Fragen aber, wo sie verlaufen
und wie sie finanziert werden, sind nicht beantwortet.
Hier blockieren sich Geldgeber und Politik selbst (wo
nicht geplant wird, ist kein Geld und wo kein Geld
ist, kann auch nicht geplant werden).
Ferner
wurde inzwischen von der DB die in Deutschland von
ICE-Zügen gefahrene Höchstgeschwindigkeit von 300 km/h
auf 250 km/h reduziert. D. h. die einst angeführte
Fahrzeitreduzierung auf der sog. Mottgersspange ist zu
hinterfragen. Für Chr. Behrendt zählt vielmehr die
Frage: Wie schnell muss man überhaupt wo sein, da in
Deutschland im Zeittakt gefahren wird und Anschlüsse
an den Bahnknoten sichergestellt sein müssen. Auch der
BVWP ist hier schwammig. Der BVWP ist hinsichtlich
seiner Prioritäten in 4 Kategorien eingeteilt, wobei
man um die Überlastung der Strecke Frankfurt - Fulda
weiß. Der Bahnhof in Neuhof beispielsweise ist wegen
der A 66 in Kategorie C. In Kat. D sind „weitere
Vorhaben“ aufgeführt, welche sich in einem
Vorplanungsstadium befinden, darunter nun auch die
sog. Mottgersspange. - Weiterhin zählte Chr. Behrendt
folgende Punkte auf:
·
Politische
Prioritäten: Güter, Personal, Deutschlandtakt.
·
Der
Knoten Hanau muss endlich ausgebaut werden.
·
Er
visualisierte die Zeitabläufe von der Planung über das
Raumordnungsverfahren (ROV) bis hin zur Realisierung.
·
Auf
die Akzeptanz von neuen Trassen durch die Bevölkerung
ist großer Wert zu legen.
·
Bahnhofsmodernisierungen
im Kinzigtal hängen hinterher.
·
Die
Modernisierungen am Bahnhof Wächtersbach (am 4.10.2012
offiziell freigegeben) haben 8 Millionen € gekostet.
·
Der
Ausbau des Bahnhofs in Gelnhausen wirft vielerlei
Probleme auf: Verlegung der Gleise, Verbreiterung der
Bahnsteige, Verlegung der Oberleitungen usw. - Überall
stehen Investitionsentscheidungen an.
·
Die
sog. Mottgersspange ist - entgegen früheren Annahmen -
nicht günstiger.
·
Durch
eine Entscheidung zugunsten Mottgersspange würde das
untere Kinzigtal zusätzlich belastet.
·
Auf
einer Mottgersspange sollen dann auch (theoretisch)
Güterzüge fahren, die dann jedoch nur eine
Geschwindigkeit von 80 … 100 km/h erreichen können. Es
wäre ein mit zusätzlichem Zeitaufwand verbundener
Umweg.
Stellungnahme Dr. Tauber
Auch
er war zunächst über die Äußerungen des
Staatssekretärs aus dem Bundesverkehrsministerium, Dr.
Rainer Bomba, Steinau, entsetzt, sieht diese aber auch
positiv, nämlich als Anstoß für eine breite
Diskussion. Eine Antwort auf die Bevorzugung einer
Trassenvariante konnte und wollte Dr. Tauber nicht
geben. Zuvor müssten Experten Sachfrage klären, z. B.
über Kosten und Sinnhaftigkeit.
Stellungnahme Dr. Kavai
Er
stellte fest, dass Bahn- und Verkehrsprojekte in
Deutschland Generationenprojekte sind.
Er
machte deutlich, dass der BVWP unterfinanziert ist,
selbst einige Projekte in Kategorie B. Hessen spielt
beim Verkehr in Deutschland alleine von der Lage her
eine wichtige Rolle, ist verkehrsmäßig aber nicht
entsprechend ausgestattet.
Dr.
Kavai machte deutlich, dass der Titel „Mottgersspange“
im BVWP und in der Antwort des Bundestages auf eine
‚Kleine Anfrage‘ der bayerischen Grünen-Politiker
lediglich ein Arbeitstitel und keine Vorfestlegung auf
eine Trasse ist. Es muss also ein ergebnisoffenes
Verfahren geben, wozu erst das ROV Klarheit schafft.
Bis etwas Konkretes hinsichtlich Ausbau/Neubau
passiert, werden wir das Jahr 2030 schreiben.
Dr.
Tauber appellierte, dass wir uns nicht zurücklehnen,
sondern darauf einstellen, d. h. agieren und nicht
warten, bis geplant wird. Derzeit erkennt er keine
aktuellen Planungen.
Diskussion
Auf
die Frage aus dem Publikum, wofür die IPS steht,
antwortete R. Schreiber, dass die Spessart-Trasse
einfach keinen Sinn macht. Er nannte Gründe hierzu und
stellte schließlich fest: Die IPS lehnt die sog.
Mottgersspange ab.
Auf
die Frage, ob die IPS hierbei politische Unterstützung
hat, antwortete Chr. Behrendt, dass die DB schon
vieles im Vorfeld (also vor einem ROV) klärt. Bei
solchen Projekten schaut man besonders auf politischen
Widerstand oder auch, ob es sich um Prestige-Objekte
handelt. Beides sollte nicht sein - fachliche
Argumente sollten gelten. Behrendt appellierte an eine
Zusammenarbeit der hessischen und der bayerischen
Stellen, da auch das ROV gemeinsam erstellt wird.
Dr.
Kavai: Es muss ein offenes ROV sein. Dabei handelt es
sich immerhin um eine Investitionssumme von 3,1 Mrd €,
die sich jedoch ständig ändert. Außerdem gibt es ohne
den Ausbau der Kinzigtal-Bahn keinen Lärmschutz und
keinen Ausbau von Bahnhöfen.
Behrendt:
Mehr Klarheit wird für 2015 - nach der Bundestagswahl
- angekündigt. Der Ausbau des Bahnhofs in
Aschaffenburg hat 50 Mio € gekostet. Es gibt keine
Kooperation à jeder konkurriert um ICE-Halte, auch
Hanau und Fulda.
Rainer
Loos von der IPS verwies auch auf eine nötige
Umweltverträglichkeitsstudie und stellte fest, dass
die sog. Mottgersspange aus ökologischer Sicht nicht
vertretbar ist.
Behrendt:
Man sollte die Strecke Frankfurt - Fulda in einem
Stück planen und in Abschnitten ausbauen.
Helga
Koch, IPS
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